Hamlet

Sein oder Nichtsein – das war die Frage

Laufen

Es ist wohl eine der meistgespielten Tragödien weltweit, das Stück „Hamlet Prinz von Dänemark“ von William Shakespeare. Die Handlung bleibt bis heute spannend und viele Zitate sind Allgemeingut, so zum Beispiel „Es ist was faul im Staate Dänemark“, „die Zeit ist aus den Fugen“ oder „Sein oder Nichtsein – das ist die Frage“.
Gespielt wurde das Stück in der Laufener Salzachhalle von der Theaterkompanie Stuttgart und dazu gibt es nur eine Aussage: Einfach großartig!

Das gilt sowohl für die einzelnen Darsteller, als auch für Bühnenbild und Gags. Denn trotz aller Düsternis haben Cornelia und Christian Schlösser, die für die Inszenierung verantwortlich zeichneten, es verstanden, dass keine Langweile aufkam, dass überraschende Ideen die Szenen belebten.

Dabei kamen die Schauspieler mit wenig Requisiten und Kostümen aus. Dafür boten Hamlet (Paul Elter – einfach grandios!) und Laertes (Christoph Wittkopp, Freund von Hamlet und Sohn des Intriganten Polonius) ein aufregend echt gestaltetes Fechtduell. Und Hamlet war während der ganzen Aufführung in Bewegung, Hockte hier auf einem hohen Würfel, sprang dort unerwartet aus den Kulissen.

Was aber am meisten gewürdigt werden soll, war das eindringliche Spiel aller Akteure. Das galt außer Hamlet auch für dessen verzweifelte hin- und hergerissene Mutter Gertrud, Königin von Dänemark, dargestellt von Cornelia Schlösser, ebenso wie für Claudius (Christian Steiner), Mörder von Hamlets Vater, der Gertrud kurz nach dem Tod ihres Gatten geheiratet hatte, um König zu werden. Auch für die Figur des Polonius, Oberster Rat des Königs (Bernd Köhler). Der saß im Rollstuhl und der Regie fielen aller- hand komische Situationen ein, wie diese Rolle lebensnah gestaltet wurde. Ophelia, (Alessandra Bosch) , Tochter von Polonius und Schwester von Laertes, die an verschmähter Liebe verzweifelte und irre mit einem Sack von trockenem Eichenlaub auf die Bühne taumelte – eine sehr symbolträchtige Idee – sei ebenfalls erwähnt. Es war eine lange Liste von Mitwirkenden, manche waren in zwei Rollen zu sehen – aber alle beeindruckten die Zuschauer durch hervorragende Sprache, gekonnte Aktionen und die Bravorufe am Schluss waren sehr verdient. Dieser Hamlet in der Salzachhalle Laufen war eine großartige Leistung der Theaterkompanie Stuttgart, die wohl allen unvergesslich bleiben wird. Nein, hier war „nichts faul“ in dieser Geschichte, alles verdiente höchstes Lob einschließlich des Bühnenbildes von Paul Elter, der Choreografie von Wladimir Khinganskiy und der Kostüme von Bianca Jahnke und Tamara Sauer.

Hamlet beeindruckt im Lingener Kulturforum

Osnabrücker Zeitung

„Sein oder nicht sein, das ist hier die Frage“ – der Satz, den jeder mit „Hamlet“ assoziiert, fällt in der Inszenierung der Theater Kompagnie Stuttgart eher beiläufig. Hamlet spricht seinen berühmten Monolog über den Selbstmord, das Leben nach dem Tode, über Todesangst und Weltverzweiflung leise und ohne Pathos am Bühnenrand. Die Stille im Kulturforum Sankt Michael ist mit den Händen zu greifen.

„Hamlet“ ist eines der meistgespielten Dramen William Shakespeares, und jede Inszenierung ist eine Neuinterpretation. Cornelia und Christian Schlösser siedeln die Tragödie in einer mythischen Zeitlosigkeit an. Das zeigt sich schon im Bühnenbild (Paul Schlösser) aus grauen, mobilen Quadern, die als Wände, Tische, Thron oder Grabsteine dienen und schnellen Szenenwechsel ermöglichen. Auch die modern wirkenden, stilisierten Kostüme geben keinen Hinweis darauf, wann sich die Handlung abspielt.

Dabei bleibt das Stück nahe am Original. Cornelia Elter-Schlösser hat die Sprache nur geringfügig modernisiert. Die historischen Begebenheiten (die inneren und äußeren Konflikte Dänemarks im späten Mittelalter) sind zwar ein Thema, doch was auf der Bühne geschieht, ist keine vergangene Geschichte.

Eine Familie bricht auseinander, mit ihr eine ganze Gesellschaft und der Staat. Kaum ist der plötzlich verstorbene König von Dänemark beerdigt, heiratet seine Witwe Gertrud dessen Bruder und Mörder Claudius. Der Geist des Ermordeten fordert von seinem Sohn Rache, und dieses Ereignis ändert grundlegend Hamlets Leben. Von nun an entsagt er allen menschlichen Bindungen. Ihn treibt nur noch der Wunsch, seinen Vater zu rächen und doch ist er zu keiner konkreten Entscheidung fähig.

Hamlet, zerrissen zwischen sich selbst, seinen Wünschen und Trieben, den Anforderungen der Umwelt und dem Auftrag des ermordeten Vaters, löst eine zwischenmenschliche Katastrophe aus. Am Ende sind fast alle beteiligten Personen tot und das dänische Königshaus ausgestorben.

Ein Drama von Shakespeare glaubhaft zu spielen bedeutet, den Menschen in extremen Situationen zu zeigen, seine Emotionen und Konflikte so zum Ausdruck zu bringen, dass sie auf die Zuschauer abfärben. Diese müssen, ob freiwillig oder nicht, ihre bequeme Distanz aufgeben und Stellung beziehen. Die Theater Kompagnie Stuttgart, die wiederholt im Kulturforum Sankt Michael gastierte, gelingt dies jedes Mal auf beeindruckende Weise. Neben der aufwendigen Dramaturgie (Cornelia Elter-Schlösser) ist es die Dynamik der Inszenierung, die für Spannung, Unterhaltung und emotionale Dichte sorgt. Die Figuren sind sehr menschlich: Sie brüllen, fluchen, lästern, sie sind authentisch und gegenwärtig.

Das fünfzehnköpfige Ensemble präsentiert sich auf einem sehr hohen Niveau und agiert mit einer spielerischen Begeisterung, die das Publikum mitreißt, allen voran der junge Paul Schlösser in der Hauptrolle. Dieser Hamlet ist eine Wucht! Wie er sich vom jugendlichen Schwärmer zum mordgierigen Radikalen wandelt, der alle Vernunft-Grundsätze über Bord wirft und für eine irrationale Rache über Leichen geht, lässt niemanden unberührt.

Das Sterben der Väter

Haller Kreisblatt

Die ersten beiden Morde sind schon geschehen, noch ehe sich der Vorhang auch nur den Hauch einer Spur bewegt hat: Erst tötet Hamlet, König von Dänemark, seinen Widersacher Fortinbras von Norwegen. Jahre später wird er selbst Opfer eines feigen Mordanschlages. Doch wer im Gedankengefüge der Renaissance die Welt aus den Angeln hebt, der muss mit Fürchterlichem rechnen. Und so dauert es am Ende keine fünf Minuten, bis eine ganze königliche Dynastie vom Antlitz der Erde gelöscht wird. Die Theaterakademie Stuttgart gastierte am Donerstagabend auf Einladung des Kulturwerkes Steinhagen mit einem sagenhaften Hamlet, der es in sich hatte.
Nein, es gab kein opulentes Bühnenbild und keine schillernden, edlen Kostüme. Stattdessen eine Königsfamilie, die in eleganter Robe unserer heutigen Zeit ihre Konflikte austrägt. Und staatstragenden Akteuren wie Polonius sogar trotz Rollstuhl die Amtsausübung zugesteht. Roosevelt und Schäuble lassen grüßen.

Wie ein Junge in der Pubertät gebärdet sich der junge Prinz Hamlet, um den das gesamte dänische Königshaus sich zwar sorgt, aber auch keinen Zugang mehr zu ihm findet. Der noch frische Tod seines Vaters, die Gewissheit, dass es sich dabei um einen Mord handelte, die allzu rasche Neuvermählung seiner Mutter ausgerechnet mit dem Bruder des Vaters und die empfundene Zurückweisung, was die Thronfolge angeht – das alles ist einfach zu viel für ihn.

Eineinhalb Stunden sollen in der Inszenierung von Christian Schlösser dennoch vergehen, ehe der erste Mord auf offener Bühne die Folge ist: Ausgerechnet den Vater seiner Verlobten Ophelia erschießt Prinz Hamlet mit schnell gezücktem Revolver. Von da an bekommen alle Dinge ihre eigene Dynamik. Mit unglaublicher Präsenz erzählten Paul Elter (Hamlet), Cornelia Schlösser (Gertrud), Christian Steiner (Claudius), Christopher Wittkopp (Laertes), Alessandra Bosch (Ophelia) und Bernd Köhler (Polonius) die Stationen des Dramas. Immer wieder nutzten sie die Möglichkeiten moderner Technik, um Ortsveränderungen, etwa durch Einblendungen von Bild- und Videoprojektionen auf das an sich schlichte Bühnenbild, anzudeuten. Und transportierten die Geschichte auch durch die Wahl der Accessoires – etwa von Maschinengewehren oder einem Föhn – in die Jetzt-Zeit.

Natürlich haben die Wachen da richtig erkannt: „Es ist was faul im Staate Dänemark.“ „Schwachheit, dein Name ist Weib“, kränkt Hamlet, der in Wittenberg den Geist einer neuen Zeit aufgesogen hat, seine Mutter. Während der Königsmörder Claudius wenig Reue zeigt und stattdessen überlegt: „Kann man auf Verzeihung hoffen – und die Früchte seiner Tat behalten?“

Am Ende überstürzen sich die Ereignisse. Hamlet und Laertes liefern sich ein beeindruckendes, wenngleich für beide tödlich endendes Fechtduell. Der Prinz zwingt seinen Stiefvater und Onkel, das eigene Gift zu trinken. Schließlich lassen neben Ophelia, Rosenkranz und Güldenstern auch der Thronfolger und seine Mutter ihr Leben.

Angesichts der Aufführung eines so jugendlichen, schwungvollen und aktuellen Hamlets, zu dem überdies Workshops für Schulklassen möglich gewesen wären, hätte es sicherlich nicht geschadet, wenn auch der ein oder andere Literatur- oder Englischkurs umliegender Schulen seinen Weg in die Aula des Schulzentrums gefunden hätte. Mit modernen Inszenierungen erreicht man zumindest in Steinhagen nicht automatisch ein jüngeres Publikum. In diesem Fall wirklich schade.

Lachen oder nicht Lachen?

Schwäbischen Zeitung Lindau

Hamlet-Inszenierung unterstreicht tragische Verstrickungen durch entlarvenden Humor Lindau sz
Dunst wabert über die Bühne, es ist dunkel, Friedhofszenario. „In Memoriam Hamlet“ ist mit dem Beamer auf die graue Wand projiziert. Das Stück beginnt düster und scheint schon auf seinen tragischen Ausgang hinzuweisen, der auch den jungen Hamlet nicht am Leben lassen wird – doch im Moment steht er am Grab seines Vaters, des Königs von Dänemark, und trauert.

Der Vater kam angeblich durch einen Schlangenbiss zu Tode – dass die todbringende Schlange in Wirklichkeit der neue, innerhalb kurzer Zeit aus Vernunftgründen geheiratete Ehemann der Mutter und jetzige König war, weiß niemand – bis der Geist des Vaters Hamlet erscheint und diesen aufklärt: „Wenn du je deinen Vater liebtest, räche diesen gemeinen Mord“, fordert er auf. Die Theaterkompanie Stuttgart bringt das 1602 uraufgeführte Stück nah am Original, aber modern inszeniert auf die Bühne – so wird der körperlose Geist als schemenhafte Projektion auf der Wand sichtbar, als unheimliche Erscheinung, die so schnell verschwindet, wie sie auftaucht.

Hamlet wirkt in dieser Inszenierung zunächst wie ein ernsthafter und zweifelnder Jugendlicher, im Anzug sticht er nicht unter den restlichen Figuren hervor, die allesamt angepasste Business-Kleidung tragen. Erst nach Erscheinen des Geistes wandelt sich Hamlet – und spielt den Verrückten, um den Mord aufklären zu können. Dabei stellt er die Autorität der Mutter, des Stiefvaters und aller im Herrschaftssystem Verankerten in Frage, wird schnodderig und aufmüpfig. Dies wird auch in der Kleidung deutlich: „Fuck you“ steht nun auf Hamlets Pullover, das Gesicht ist mit Kriegsbemalungen beschmiert. Existenzielle und schwerwiegende Themen auch durch Komik ausgedrückt Das Stück kreist um Falschheit und politische Intrige, um Liebe und Tod. Gerade diese existenziellen und schwerwiegenden Themen gibt die Inszenierung von Cornelia Elter und Christian Schlösser auch durch Komik wieder, die karikierend entlarvt. Der Oberkämmerer des Königs, Polonius, sitzt im Rollstuhl und legt sowohl seiner Tochter als auch den Bediensteten gegenüber einen ausgeprägten Kommandoton an den Tag. Auch während er von einem Diener mühsam eingekleidet wird, verstummt er nicht in seinen Anweisungen. Der Kopf, der nicht durch den Hemdkragen passen will, die Hose, die der Diener in einer Umklammerung des Polonius mühsam hochzieht, das Halten des alten Mannes wie ein Baby im Arm – All das zeigt auf visueller Ebene die Marionettenhaftigkeit des Polonius, der vom König für seine Belange ausgenutzt wird. Als Polonius ein anderes Mal mit dem Rollstuhl auf die Zuschauer zurast, um erst im letzten Moment die Bremse zu ziehen, bleibt dem Publikum das Lachen im Halse stecken – nur knapp scheint eine große Katastrophe abgewendet. Im Laufe des Stücks muss diese natürlich dennoch eintreten. Nachdem Hamlet Polonius versehentlich erschossen hat, da er den hinter dem Vorhang Lauschenden für den König hielt, gewinnt der Tod auf der Bühne Leibhaftigkeit – in Form eines großen Sackes vertrockneten Laubs, den Ophelia ausschüttet. In diesem Stoff gewordenen Elend scheinen sich die Protagonisten nun nacheinander zu suhlen, Hamlets Mutter sitzt wie ein Häuflein Elend darin, als sie die Intrige ihres Ehemannes begreift. Das Stück steuert auf das bittere Ende zu, Polonius‘ Sohn Laertes will seinen durch Hamlet getöteten Vater rächen, der König überredet ihn dazu, Hamlet zu einem Fechtkampf herauszufordern, die eigene Degenspitze aber in Gift zu tränken. Die finale Szene ist dynamisch inszeniert, die beiden Widersacher bekämpfen sich mit großen Bewegungen, eine wilde Rauferei, kein edler Fechtkampf, so scheint es. Laertes stirbt nach einem versehentlichen Degentausch durch sein eigenes vergiftetes Schwert, Mutter Gertrude trinkt aus dem Giftbecher, Hamlet flößt dem König selbiges ein und stirbt selbst. Davor spricht er seine inzwischen geflügelten letzten Worte: „Der Rest ist Schweigen.“

Wo Hamlet ein T-Shirt mit dem Spruch „Fuck you“ trägt

Badische Zeitung

SCHOPFHEIM. Alles düster grau in grau. Theaternebel wallt über die Bühne, in großen Buchstaben steht „In memoriam Hamlet“ auf der grauen Wand. Aus dem diffusen Dunkel tritt der junge trauernde Dänen-Prinz hervor, eine Projektion zeigt eine sturmgepeitschte Landschaft. Dann erscheinen Gestalten in langen schwarzen Mänteln mit Maschinengewehren. Es geht um ein kriegsbedrohtes Land, einen skrupellosen Herrscher, eine zerstörte Familie, einen rebellischen Thronerben. Es friert einen, wie aktuell diese Figuren, diese Szenen, in der Aufführung der Shakespeare-Tragödie „Hamlet“ in der Schopfheimer Stadthalle wirken.

Drei Stunden packendes Drama war in der Theaterreihe der Kulturkooperation Schopfheim-Wehr zu sehen, in einer modernen Inszenierung der Theater Kompagnie Stuttgart. Die Personen tragen heutige Kleidung, das Bühnenbild, eine Wand aus mobilen grauen Würfelelementen und Quadern, wirkt abstrakt, klar und zeitlos. Durch Projektionen wird die Dramatik der Szenen stimmungsdicht und atmosphärisch verstärkt. Die Inszenierung von Christian Schlösser bringt einen „Hamlet“ auf die Bühne, der ins 21. Jahrhundert passt. Dafür findet die Regie zeitgemäße Bilder und eine zeitgemäße psychologische Zeichnung der Figuren, die als Menschen von heute rüberkommen. Auch sprachlich hat sich die Neuübersetzung durch Christian und Cornelia Schlösser unserem Jahrhundert angenähert, behält aber die poetische Kraft der Shakespeareschen Sprache.

Der grübelnde Dänen-Prinz, der über die wesentlichen Dinge des Lebens sinniert, ist in Gestalt von Paul Elter ein jugendlicher Rebell. Zuerst sehr ernst, zweifelnd, dann immer hitzköpfiger, aufmüpfig, glühend und leidenschaftlich spielt er den Titelhelden. Es könnte ein junger Mann von heute sein, so eindringlich, aber auch so dynamisch und action-betont, spielt Elter den Thronerben, der brennt vor Rache, Wut, aber auch vor Zweifel. Den Monolog „Sein oder Nichtsein“ hält er vorne an der Rampe sitzend, ohne aufgesetztes Pathos, barfuß, in grauen Hosen, die Lockenmähne unter einer Wollmütze, in einem T-Shirt mit dem provozierenden Aufdruck „Fuck you“.

Doch nicht allein das moderne Outfit oder der lange Ledermantel, den Hamlet bei der Fahrt nach England trägt, sondern die schauspielerische Interpretation machen diesen Hamlet gut nachvollziehbar für heutige Zuschauer. Er lehnt sich auf, er rebelliert, er hadert, er zaudert, er hinterfragt.

Paul Elter wirft sich mit beeindruckender Intensität in diese gewaltige Rolle. Ein Heißsporn, manchmal auch ein bisschen Halbstarker, vor allem ein zerrissener, aufbegehrender junger Mann, das ist Elters Hamlet, sehr bühnenpräsent. Wie aus einem Actionfilm inszeniert ist sein filmreifes Fechtduell mit Laertes, den Christopher Wittkopp wutentbrannt und wild entschlossen gibt. Cornelia Schlösser als Königin Gertrud kehrt überzeugend die besorgte Mutter, aber auch die pragmatische Herrscherin hervor. Aalglatt, machtgieriger Polittyp im eleganten grauen Anzug mit Weste, immer eine Zigarre oder ein Glas in der Hand, gibt Cornelius Nieden den König und Brudermörder Claudius. Im Rollstuhl sitzt der Polonius von Bernd Köhler, ein scharfsinniger Mann mit kraftvoller Stimme, bohrendem Blick und herrischem Kommandoton.

In einer Szene jagt Hamlet zu „Highway to Hell“ den Polonius im Rollstuhl herum und dieser bremst ganz knapp vor der Rampe. Alles andere als klischeehaft ist auch die Ophelia von Alessandra Bosch, erst eine junge Frau in zerlöcherten Jeans, dann die tragische verschmähte Liebende im Brautschleier mit blutig verschmierten Unterarmen, die Herbstlaub auf die Bühne schüttet und in diesem Laub-Bett begraben wird. Es gibt viele packend gemachte Szenen, etwa wenn Hamlet und Laertes zu Pistolen greifen, aber auch geheimnisvoll-mystische Momente, wenn der Geist von Hamlets Vater als Stimme aus dem Raum spricht. Die Totengräber-Szene hat etwas Absurd-Komisches, wenn der „Grabmann“ beim Vespern über das Vergängliche philosophiert und das Laub gerecht wird.

Das ganze Ensemble mit vielen hochmotivierten jungen Darstellern agiert auf starkem Niveau, die extremen Konflikte werden sehr packend und emotional dicht ausgetragen. Nach dem langen Fechten, Morden und Sterben hallen die letzten Worte Hamlets nach: „Der Rest ist Schweigen“. Und erst nach längerer Stille setzt der Beifall ein.

Am Ende sind neun Menschen tot

Schwäbische Zeitung Sigmaringen

Sigmaringen sz Die Theaterkompanie Stuttgart hat auf Einladung der Gesellschaft für Kunst und Kultur das Stück Hamlet nach William Shakespeare in der Sigmaringer Stadthalle aufgeführt. Hamlets (überzeugend von Paul Elter gespielt) Welt gerät mit dem Tod seines Vaters zunehmend aus den Fugen. Nichts ist mehr wie es wahr und vor allem die schnelle Heirat seiner Mutter (Cornelia Schlösser) mit dem Bruder Claudius (Christian Steiner) des verstorbenen Dänenkönigs macht die Sache nicht besser. Als der Geist des Dänenkönigs seinem Sohn erscheint, gibt es für Hamlet nur noch eines, den schnöden Mord zu rächen, denn Claudius hat seinen Bruder vergiftet.

Hamlet verbeißt sich in seine Welt der Rache und stößt Ophelia (Alessandra Bosch), die er einst liebte, von sich. Zwischen Raserei, Wut und Rache zeigt Hamlet dem Sigmaringer Publikum wie viel Emotionen in solch einer Figur liegen können. „Ich habe seit Kurzem meinen Verstand verloren“, sagt Hamlet und entsprechend verhält er sich. Er täuscht vor verrückt zu sein, um so seine Rache nehmen zu können. Und wie die Verrücktheit ausufern kann, zeigt Schauspieler Paul Elter eindrücklich.

Die Besetzung der Theaterkompanie Stuttgart ist bis in die kleinsten Rollen wie denen der Totengräber gut besetzt und die emotionale Achterbahnfahrt wird von allen Schauspielern getragen. Die Ophelia-Darstellerin gibt glaubhaft die enttäuschte Geliebte, die langsam verrückt wird, nachdem Hamlet aus Versehen ihren Vater Polonius (Bernd Köhler) tötete.

Spirale der Gewalt und Rache

…die Spirale aus Gewalt und Rache dreht sich weiter, denn nun kommt noch Ophelias Bruder Laertes (Christopher Wittkopp) ins Spiel, der den Tod seines Vaters rächen will. Das Bühnenbild ist eher nüchtern und lenkt die Aufmerksamkeit um so mehr auf die Emotionen der Figuren, die zunehmend hochkochen. Das Publikum verfolgte jede Regung, jeden Wutausbruch, jedes Detail der Geschichte und man weiß, sie wird auf keinen Fall gut enden. Hamlets Mutter versucht verzweifelt ihrem Sohn ins Gewissen zu reden und als ihr klar wird, dass ihr neuer Ehemann tatsächlich der Mörder ihres Mannes ist, steht auch ihre Welt Kopf.

Ophelia ertrinkt buchstäblich in ihrem Schmerz und es hilft auch nichts, dass Claudius Hamlet loswerden und wegschicken will. Hamlet durchschaut den Plan und statt seiner, müssen Rosenkranz und Güldenstern dran glauben. Wieder zurück in Helsingör geht dann alles schnell. Laertes fordert Hamlet zum Duell. Die Degen werden auf der Bühne gekreuzt und es kommt, wie es kommen muss. Laertes stirbt, Hamlet, seine Mutter, der verhasste Onkel. Neun Tote gibt es am Ende des Stücks zu beklagen. „Der Rest ist Schweigen“, sind Hamlets letzte Worte.

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